LOKALMIX

Reisebüros wollen bei der Pandemie-Bekämpfung helfen

pn; 04.11.2020, 06:00 Uhr
Foto: Reiseservice Stephan Lang.
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Reisebüros wollen bei der Pandemie-Bekämpfung helfen

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pn; 04.11.2020, 06:00 Uhr
Engelskirchen – Reiseservice Stephan Lang hat sich beim Gesundheitsamt in Gummersbach als Taskforce zur Pandemie-Bekämpfung beworben – Kreis begrüßt das Angebot, sieht es aber skeptisch.

Von Peter Notbohm

 

Einer der Gründe für den aktuellen „Lockdown Light“ ist die Tatsache, dass deutschlandweit die Gesundheitsämter überfordert sind, Infektionsketten zu unterbrechen. Experten sprechen davon, dass bei 75 Prozent aller Fälle derzeit nicht mehr nachverfolgt werden könne, wo sich die Menschen angesteckt haben – und das trotz der Unterstützung durch die Bundeswehr. Auch in Gummersbach stoßen die Mitarbeiter längst an Grenzen. Aus diesem Grund hat sich die bundesweit arbeitende Reisebüro-Kooperation Best-Reisen dazu entschlossen, Hilfe anzubieten. Auch Reiseservice Stephan Lang ist eins von über 600 Mitgliedern in der Kooperation und unterstützt die Taskforce-Initiative.

 

„Die Abwicklung der Stornierungen und Reisen ist für dieses Jahr fast komplett erledigt, Neubuchungen gibt es derzeit kaum“, sagt er. „In unserem Reisebüro haben wir freie Kapazitäten und sind auch dringend daran interessiert, dass diese Pandemie ein rasches Ende findet. Daher liegt es nahe, aktiv an der Verfolgung von Infektionsketten mitzuarbeiten“, ergänzt Lang. Dabei führt er vor allem die klassischen Qualifikationen von Reisebüro-Mitarbeitern als perfekte Voraussetzung für den Einsatz als Pandemie-Taskforce an. Die Büros seien bestens vernetzt, professionelle Kommunikation in verschiedenen Sprachen, soziale Kompetenz und Flexibilität gehörten fest zum Berufsbild. Auch das Arbeiten mit vertraulichen Daten sei für ihn völlig normal, zudem seien die Mitarbeiter der Branche in der Lage, sich schnell in neue Prozesse einzuarbeiten. „Nicht nur uns wäre geholfen, wenn die Pandemie schnell vorüber wäre“, so Lang.

 

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Er und seine beiden Mitarbeiter, die sich derzeit in Kurzarbeit befinden, möchten ihren Teil dazu beitragen. „Das hört sich vielleicht nicht nach viel an, wenn wir das aber flächendeckend über das gesamte Land hinbekommen, hätten wir viel erreicht“, meint er. Man müsse als Gesellschaft bis zur Überwindung der Pandemie auf Strukturen setzen und Potenziale heben, heißt es in einer Mitteilung von Best-Reisen. „Wir sind bereit, neue Wege zu gehen. Es muss das gemeinsame Ziele von Gesellschaft und Politik sein, die Pandemie mit allen zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu bekämpfen“, sagt Lang.

 

Auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hatte vor zwei Wochen davon gesprochen, dass die Kapazitäten derzeit nicht annähernd ausreichend seien. In den Gesundheitsämtern in NRW gebe es zurzeit rund 2200 Menschen, die sich um die Nachverfolgung kümmern. In der aktuellen Situation benötige man aber 4500, hieß es damals. Die Landesregierung wollte daher zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, um weiteres Personal für die Nachverfolgung einzustellen. Das könnten Studenten, aber auch Mitarbeiter aus Reisebüros sein, die momentan keine Arbeit haben, aber geübt im Telefonieren sind. „Das muss jede Kreisverwaltung für sich entscheiden“, betonte der Politiker.

 

Eine Reaktion des Kreises auf das Angebot hat Stephan Lang noch nicht erhalten. Auf OA-Nachfrage sagte eine Kreissprecherin, dass das Unternehmen nach bisherigen Erkenntnissen noch nicht unmittelbar an den Oberbergischen Kreis herangetreten sei. Grundsätzlich finde die Kreisverwaltung es zwar gut, dass Unternehmen und Bürger in der aktuell herausfordernden Situation ihre Dienste anbieten, insgesamt sieht man das konkrete Angebot allerdings eher skeptisch. „Im Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises wird im Rahmen der Kontaktpersonen-Ermittlung mit höchst sensiblen Patientendaten gearbeitet. Es werden zudem hoheitliche Anordnungen ausgesprochen.“ Besonders der Datenschutz mache es daher erforderlich, dass eingesetzte Personen unmittelbar bei der Kreisverwaltung beschäftigt oder über die sogenannte Amtshilfe (z.B. Bundeswehr) tätig seien.

 

Bereits am 8. Oktober hat der Kreistag einstimmig den Weg für 50 Neueinstellungen freigemacht. Es lägen mehrere Bewerbungen vor, teilweise werden die Menschen bereits eingearbeitet. „Eine Vergabe von Dienstleistungsaufträgen an Private oder Unternehmen des Dienstleistungsgewerbes ist aus den genannten Gründen nicht möglich“, heißt es vom Kreis. Bei den Einstellungen gehe man neutral vor und bevorzuge aus Gründen der Gleichbehandlungen keine Mitarbeiter einzelner Branchen.

KOMMENTARE

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Ich gebe dem OBK nur zum Teil recht. Zunächst toll, dass 8 Stellen bewilligt wurden, um weitere Beschäftigte für die Pandemiebekämpfung zu gewinnen. Dies sind keine Beamten (und somit per Dienststellung nicht hoheitlich tätig - jedoch hoheitlich im Auftrag durch die Behörde - geregelt durch das Dienststellungsverhältnis). Ein Blick über den Tellerrand jedoch zeigt, quasi "Beliehene" einzusetzen/ in Anspruch zu nehmen. Dies wäre über ein entsprechendes befristetes vertragliches Verhältnis zu regeln, wie es z.B. mit anderen Einrichtungen auch geschieht, z.B. TÜV. Zwar aus einem anderen Kontext, aber prinzipiell ähnlich arbeiten größere Unternehmen ja auch mit Werkvertragsparteien, entsprechend durch rechtliche Verträge geregelt.

FB, 04.11.2020, 12:00 Uhr
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